Mittwoch, 8. Juni 2011

Was ist Geld?

Geldguthaben und sonstige Vermögen sind bestimmt nicht das Wichtigste. Gesundheit, ein erfülltes und freudvolles Leben und das persönliche, geistige Wachstum sind sicherlich bedeutender. Dennoch ist ein solides Geldverständnis wichtig, da Geld heute in all seinen Funktionen in vielen Alltagshandlungen eine wesentliche Rolle spielt.

In ökonomischen Sinne ist Geld heutzutage etwas, das Geldfunktionen erfüllt. Daher sind grundsätzlich ganz verschiedene Dinge geeignet, als Geld zu fungieren, solange sie
  • als Tausch- bzw. Zahlungsmittel,
  • als Wertaufbewahrungsmittel und
  • als Recheneinheit bzw. Wertmaßstab
genutzt werden können.
In einigen Ländern wurden früher zum Beispiel Muscheln als Geld verwendet; gleiches gilt für Felle, Salze oder Perlen. Auch Nutzvieh konnte als Geld dienen - das lateinische Wort für Vieh lautet "pecus“, von dem sich "pecunia“ für Geld ableitet.
Über die längsten Phasen der Menschheitsgeschichte dienten also konkrete Gegenstände als Geld, wir sprechen daher von Warengeld. Insbesondere genossen und genießen edle und seltene Metalle - an erster Stelle Silber und Gold - wegen ihrer angenommenen Werthaltigkeit hohes Vertrauen.
(vgl. Rede des Bundesbankpräsidenten Dr. Jens Weidmann zur Geldgeschichte)

(Waren-)Geld ist ursprünglich als etwas Natürliches spontan auf einem freien Markt, d.h. als Folge der Übereinkunft untereinander frei handelnder Menschen entstanden. Geld wurde also "vereinbart"; es wurde weder erfunden, noch wurde es irgendwie "geplant". Es bedurfte keines Staates, keiner Zentralbank oder einer sonstigen Institution.
Die damals etablierte Geldwirtschaft markiert einen Meilenstein in der Wirtschaftsgeschichte, denn sie löste die Naturalwirtschaft ab, in der Handelspartner ausschließlich angebotene gegen gewünschte Ware tauschten, was den Handel insgesamt enorm erschwerte, da sich die Suche nach einem passenden Tauschpartner als recht umständlich und zeitraubend gestaltete.
Die Entstehung eines allgemein akzeptierten Warengeldes war schließlich auch ein weiterer Antrieb für die Entwicklung der arbeitsteiligen Wirtschaft, die nach und nach die Subsistenzwirtschaft, also die Selbstversorgung verdrängte, in der ausschließlich für den eigenen Bedarf produziert wurde.

Im Verlauf der Zeit wurde das Warengeld zunehmend bei Banken eingelagert und verbrieft, d.h. es wurden Zertifikate auf eingelagertes Warengeld ausgestellt, die fortan auch als Zahlungsmittel fungierten. Das Buchgeld (heute Giralgeld) und der Geldschein entstanden und der Grundstein für die "Erfolgs"story des Papiergeldes wurde gelegt.
In der Folge wurde von der 100%igen Warengelddeckung der Geldscheine abgelassen, da einerseits die ausgebenden Banken mehr Geldscheine emittierten als zugrunde liegendes Warengeld vorhanden war und andererseits die Vorschriften zur Unterlegung des von Banken ausgegebenen Papiergeldes von der Politik über die Zeit zunehmend aufgeweicht wurden.
Schließlich wurde die im Jahre 1944 auf der Bretton-Woods-Konferenz vereinbarte Goldbindung des US-Dollars (35 US-Dollar = 1 Unze) am 15. August 1971 unerwartet durch US-Präsident Richard Nixon aufgehoben. Seitdem sind sämtliche nennenswerte Währungen (Schweiz seit 1992) weltweit durch keinerlei Sachwerte mehr gedeckt.

Heutzutage nennt man vorherrschendes Geld vornehmlich Schuldgeld, oder genauer: Fiat-Money. Schuldgeld stellt im Unterschied zum (ursprünglichen) Warengeld kein Nettovermögen dar, da Geld im Schuldgeldsystem ausschließlich durch Aufnahme eines Kredits innerhalb des Kreditprozesses entsteht und Geldguthaben, sowie Geldschuld gleichzeitig erzeugt werden und sich somit gegenseitig auflösen (vgl. Artikel "Bundesbank beschreibt Geldschöpfung aus dem Nichts").

Der Begriff Fiat-Money in der Folge beschreibt zusätzlich zur Gegebenheit des Schuldgeldes den Umstand des gesetzlichen Zahlungsmittels, d.h. es wird von einer Autorität festgelegt (fiat von lat. "es werde"), was offiziell als Geld genutzt werden soll. Fiatgeld ist also Schuldgeld, das allen Menschen zur Benutzung in einem gewissen Gebiet per Gesetz vorgeschrieben wird und sich nicht von selbst "am Markt" herausgebildet (bewährt) hat.

Folgend ein kleiner Exkurs zu gesetzlichem Zahlungsmittel...



Was ist Geld? Was ist es de jure? Was ist es de facto?


de jure
Stichwort: gesetzliches Zahlungsmittel - In Paragraph 14, Absatz 1 ist geregelt, was gesetzliches Zahlungsmittel ist:

BBankG § 14 Notenausgabe
(1) Die Deutsche Bundesbank hat unbeschadet des Artikels 106 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft das ausschließliche Recht, Banknoten im Geltungsbereich dieses Gesetzes auszugeben. Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel. Die Deutsche Bundesbank hat die Stückelung und die Unterscheidungsmerkmale der von ihr ausgegebenen Noten öffentlich bekanntzumachen.

Gesetzliches Zahlungsmittel (Bargeld) zeichnet sich dadurch aus, dass es von den Wirtschaftsteilnehmern als Zahlungsmittel akzeptiert werden MUSS. Der Verkäufer/Anbieter einer Ware oder Dienstleistung ist in der ANNAHMEPFLICHT. Aus diesem Grund ist häufig auch die Rede vom staatlichen Geldmonopol, d.h. dass der Staat die gültige Währung durch ein Gesetz festlegt und sich somit kein freies Marktgeld bilden kann, welches immer "besser", also wertvoller wäre, da es nur dann von genügend Marktteilnehmern akzeptiert werden würde.

Neben Bargeld gibt es noch das Giralgeld. Dieses ist jedoch KEIN gesetzliches Zahlungsmittel. Giralgeld ist lediglich eine Forderung auf gesetzliches Zahlungsmittel (Bargeld).
vgl. Bundesbank-Publikation "Das Giralgeld" Seite 52 unten : http://www.bundesbank.de/download/bildung/geld_sec2/geld2_03.pdf


de facto
...wird dem Giralgeld der gleiche Stellenwert, das gleiche Vertrauen und der gleiche Wert wie dem gesetzlichen Zahlungsmittel zugesprochen. Dabei ist das Eine (Bargeld) gesetzliches Zahlungsmittel und das Andere (Giralgeld) nur eine Forderung auf gesetzliches Zahlungsmittel.
Falls Sie bspw. Einkommenssteuern an die BRD zahlen, dann zahlen Sie diese nicht mit gesetzlichem Zahlungsmittel.

Der Frage, weshalb wir dem Giralgeld den gleichen Wert, wie dem Bargeld beimessen, schließt sich die Frage an, um welchen Wert es sich überhaupt handelt. Gibt es einen Wert?
Tatsächlich ist ein Geldschein nur das bunt-bedruckte Papier wert, egal welches Nominal aufgedruckt ist.
Wir selbst geben diesem Geldschein eine Kaufkraft, in dem wir ihm eine subjektive Werthaltigkeit zusprechen, da uns ja der Bäcker tatsächlich derzeit ein mittelgroßes Graubrot und 3 Brötchen im Tausch gegen einen 5-Euro-Schein gibt. 

Das Vertrauen der Allgemeinheit in die Werthaltigkeit des Geldes ist es, was das System aufrecht erhält. Schwindet das Vertrauen, dann schwindet auch der Wert des Geldes.